EXC 2075, PN 1-5: Numerical simulations and process analysis of CO2 enrichment in the vadose zone and at the gas-water interface of karstic systems

Forschungsprojekt im Rahmen des Exzellenzclusters EXC 2075 “Daten-integrierte Simulationswissenschaft (SimTech)” gefördert durch Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 390740016

Projektbeschreibung

In der vadosen Zone vieler Karstsysteme reichern sich erhöhte CO₂-Konzentrationen in der Gasphase an. Dies ist auf jahreszeitlich bedingte mikrobiologische Aktivität – beeinflusst durch Bodenfeuchtigkeit und Temperatur – sowie auf eine unzureichende Belüftung zurückzuführen. Aufgrund seiner höheren Dichte im Vergleich zur Umgebungsluft neigt CO₂ dazu, sich in tiefer gelegenen Bereichen anzusammeln. Die zeitlichen Skalen eines möglichen gravitationsbedingten Entmischungsprozesses hängen jedoch von zahlreichen, in der Praxis schwer kontrollierbaren Parametern ab und variieren stark unter realen Feldbedingungen. Uns liegen Daten von mindestens einem Standort in Slowenien vor, an dem besonders hohe CO₂-Konzentrationen in einem mehrere Hundert Meter langen Sackgassengang gemessen wurden. Dort stellt sich bereits wenige Stunden nach einem Durchmischungsereignis erneut eine Entmischung ein. Diese schnelle Re-Stratifizierung lässt sich nicht allein durch Schwerkraftseffekte erklären. Vielmehr deutet sie auf das Vorhandensein hochdurchlässiger Frakturen oder Spalten hin, in denen sich CO₂ über längere Zeiträume ansammeln konnte.

Ziele der Studie sind:
(1) Aufbau eines generischen konzeptionellen Modells des Standorts,
(2) Durchführung einer Prozessanalyse auf Basis eines komplexen numerischen Modells, das eine freie Strömung (Gasphase) im Höhlengang mit einem diskreten Kluft-Matrix-Modell zur Abbildung der verkarsteten Gesteinsmatrix koppelt. Das zu betrachtende Fluidsystem umfasst eine Zweiphasenströmung aus Wasser und Gas sowie drei Komponenten: Wasser, Luft und CO₂.
(3) Entwicklung von Ersatzmodellen (Surrogatmodellen), eventuell unter Einbindung vereinfachter physikalischer Näherungen („proxy physics“), die es ermöglichen, charakteristische Prozesse mittels maschinellen Lernens auf Grundlage verfügbarer Daten zu modellieren. Dabei ist zu berücksichtigen, dass für die Modellkalibrierung gegebenenfalls weitere Messdaten erhoben werden müssen.

Ein zweiter Standort in Bayern (Fränkische Alb) ist für eine mögliche Messkampagne vorgesehen, um Daten zur CO₂-Anreicherung an der Gas-Wasser-Grenzfläche zu erheben. Der Standort beinhaltet einen Ponor, in den regelmäßig mit CO₂ angereichertes Wasser eintritt, das nach Starkregenereignissen stark verdünnt wird. Dieser Standort ist ein möglicher Kandidat für in-situ-Messungen der CO₂-Anreicherung im Wasser durch dichtegetriebene Lösung an der Gas-Wasser-Grenzfläche unter trockenen Bedingungen (also ohne Hochwasserereignisse). Der Zugang zur Höhle ist jedoch schwierig und erfordert eine vorherige Erkundung und erste Messungen, bevor eine größere Messkampagne vorbereitet werden kann.

Ein dritter Aspekt des Projekts betrifft die Radonkonzentrationen in Höhlen, die offenbar mit den CO₂-Konzentrationen korreliert sind. Einerseits ist diese Korrelation plausibel, da hohe Konzentrationen beider Gase durch eine geringe Belüftung begünstigt werden. Andererseits stammen die Quellen beider Gase aus völlig unterschiedlichen Prozessen. Am Feldstandort in der Laichinger Höhle auf der Schwäbischen Alb ist eine zeitaufgelöste Messung von Radon geplant.

Bezug zu den formulierten Forschungsfragen (RQs) des neuen SimTech-Antrags:

Die übergeordnete Vision auf der größeren Skala besteht darin, wissensintegrierte Modelle zu entwickeln (RQ1). Wir haben hier eine Situation, in der sich Teile der prozesshaften Dynamik auf der Skala des gesamten Karstsystems lernen und aus hochaufgelösten Simulationen auf Kluftskala hochskalieren lassen. Gleichzeitig existieren datenreiche Bereiche im zugänglichen Teil des Karstsystems, insbesondere in Bezug auf atmosphärische Bedingungen wie Temperatur, Niederschlag und CO₂-Konzentrationen in Höhlen. Die vadosen Zone, in der der Transport von CO₂ und Wasser erfolgt, ist hingegen weitgehend eine „Black Box“. Es ist geplant, dass maschinelle Lernverfahren auf Grundlage der vorhandenen (und noch zu erhebenden) Daten dazu beitragen, diese Wissenslücke zu schließen. Daher verfolgen wir die Strategie, zunächst generische, hochauflösende Modelle auf Basis der verfügbaren Rechenkapazitäten (etwa über die Dumux-Kopplungsschnittstellen) zu entwickeln, die später – im Rahmen einer möglichen neuen SimTech-Förderperiode – in dateninformierte, vereinfachte Modelle (low-fidelity models, RQ2) überführt werden können. RQ3, die Entwicklung interpretierbarer Geosystemmodelle, ist integraler Bestandteil dieses Vorhabens.

Leiter

apl. Prof. Dr.-Ing. Holger Class

Bearbeiterin

Vivien Langhans (M.Sc.)

Laufzeit

09/2024 - 12/2025

Finanzen

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Holger Class

apl. Prof. Dr.-Ing.

Kommissarischer Leiter des Lehrstuhls

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Vivien Langhans

M. Sc.

Wissenschaftliche Mitarbeiterin

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